Geschichte
Diese älteste Ulrichskirche, stand neben der St. Anna Kirche (damals St. Anna Kapelle, auch Crypta oder Ossarium) im heute untersten Friedhofsteil. Urkundlich dokumentiert ist sie in einem noch erhaltenen Ablaßbrief vom 18. August 1342. Mit dieser St. Ulrichskirche war bereits eine gewisse Seelsorgstätigkeit für den Ort gewährleistet, wenn auch die Seelsorger von außen kamen, von der Urpfarre Albeins, dann von der Mutterpfarre Laien. Ab 1418 erfolgte die seelsorgliche Betreuung von St. Christina aus, wo 1443 die „Kaplanei Gröden“ offiziell errichtet wurde. Der dort eingesetzte Kaplan mußte die deutsche und „wälsche“ Sprache beherrschen und das gesamte Tal seelsorglich betreuen. Im Jahre 1652 erbat dann die Gemeinde vom Bischof in Brixen einen eigenen Seelsorger für St. Ulrich. Als erster selbständiger Priester kam 1653 der bisherige Frühmessbenefiziat von St. Christina, Richard Troi aus Buchenstein, nach St. Ulrich und mit ihm fangen 1654 die kanonischen Bücher an, Geburts- Tauf- Firm Heirats- und Sterberegister.
Im Jahre 1655 wurde vom fürstbischöflichen Konsistorium in Brixen der genannte erste selbständige Kurat offiziell genehmigt und 1665 die Kuratie St. Ulrich urkundlich verankert. Damit war die alte Ulrichskirche am Friedhof zur Kuratiekirche geworden. Bald aber genügte sie den Anforderungen den stark herangewachsenen Ort nicht mehr. Deshalb wurde sie unter dem Kuraten Johann Anton Runggaudie 1744 abgetragen und an deren Stelle ein neuer Kirchbau errichtet. Die neue Kuratiekirche wurde am 29. August 1749 vom Bischof Graf Leopold von Spaur zu Ehren der HI. Drei Könige und des HI. Ulrich eingeweiht. Aber diesem Gotteshaus war eine nur kurze Dauer beschieden. Schon bei Wegnahme des Gerüstes stürzte das Kirchengewölbe ein, worauf „der ungeschickte Maurermeister“ aus Enneberg mit seinen Gesellen eilig über die Aschgleralpe nach Hause floh“. Auch ein daraufhin neu aufgezogenes Gewölbe zeigte sehr bald bedenkliche Risse, so daß man 1790 aus Sicherheitsgründen dieses neue Gotteshaus verlassen und als Notlösung in die Antoniuskirche umziehen musste.
Das Projekt der alten Ulrichskirche abgetragen im Jahre 1793
Die neue Kirche
Nach einem langen erbitterten Streit zwischen Befürwortern weiterer Versuche zur Instandsetzung der alten Kirche und Befürwortern eines grundlegenden Neubaues, wurde die Kirche schließlich 1793 abgetragen. Die dortige St. Anna Kirche hingegen blieb weiter bestehen. Hitzige Debatten und Verhandlungen begannen nun um den Bau und Standort einer neuen Kuratiekirche. Vor allem die Bewohner von Oberwinkel wollten den Bau an der alten Stelle am Friedhof, während andere Kreise – darunter der wohlhabende Dominik Mahlknecht, „l Pana“ sehr entschieden für einen zentraleren Standort in der inzwischen angewachsenen Ortschaft eintraten. Zur Schlichtung der streitenden Parteien hat die Regierung in Innsbruck den Gebietskommandanten Franz von Laicharding nach St. Ulrich beordnet und ihm gelang es, aufgrund von Stimmabgabe, die Mehrheitspartei zu ermitteln. Und diese war für den Bau einer neuen Kuratiekirche an zentraler Stelle neben „Daverda-Mauriz“.
Dominik Mahlknecht hat das entsprechende Grundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt und einen ansehnlichen Geldbeitrag geleistet. Bürger von St. Ulrich leisteten ihren persönlichen Beitrag durch praktische Arbeit, sogenannte Robotdienste. Die Leute, auch die schließlich versöhnten Oberwinkler, arbeiteten wie die Ameisen. Sogar an gebotenen Sonn- und Feiertagen schafften Männer, Frauen und Kinder mit Ochsen- und Pferdegespannen, aber auch in bloßen Körben, Sand, Holz und Steine herbei.
Kurat in St. Ulrich war zu jener Zeit Kaspar Kostner aus Corvara. Unter seiner umsichtigen Leitung und dem Einsatz des tüchtigen Maurermeisters Abenthum und seiner Gesellen, der emsigen Zimmerleute, Tischler, Schnitzer, Stuckateure, Maler und Vergolder – darunter viele Einheimische – konnte der Bau ohne Zwischenfälle zügig voranschreiten und im Herbst 1796 fertiggestellt werden. Die Eröffnung erfolgte am 16. Oktober 1796 unter großen Festlichkeiten und der Primiz des einheimischen Neupriesters und späteren Kuraten von St. Ulrich Josef Anderlan. Mehr als 8000 Menschen aus nah und fern waren in St. Ulrich zusammengeströmt, um dieses große Ereignis mitzuerleben. Am 5. September 1797 wurde die St. Ulrichskirche vom Fürstbischof von Brixen, Karl ll. Franz von Lodron feierlich eingeweiht. Im Jahre 1799 errichtete Herr Stampa aus Mailand den Hochaltar und in den darauffolgen den Jahrzehnten fertigten einheimische Handwerksmeister nach und nach die Kirchenstühle, die Kanzel und die Beichtstühle an.
Die Ulrichskirche vor den Bau der Seitenkapellen | Während der Bauarbeiten |
Die Seitenkapellen
Die Kuratiekirche in St. Ulrich war ursprünglich nur einschiffig und bot mit ihren rund 400 Knie-Sitzplätzen genügend Raum für die damalige Bevölkerung. Aber bis zum Jahre 1907 war die Bevölkerung von St. Ulrich auf rund 2000 Personen angewachsen und die Ulrichskirche entsprach den neuen Anforderungen nicht mehr. Inzwischen war der einheimische Seelsorger Franz Anderlan Kurat in St. Ulrich geworden und war ein Mann von Seelengröße und Tatkraft. Im Jahre 1902 war die bisherige Kuratie zur Pfarre erhoben und Herr Anderlan vom Bischof zum ersten Pfarrer von St. Ulrich ernannt worden. Die Erweiterung der St. Ulrichskirche war nunmehr notwendig geworden und Anderlan ging mit Entschlossenheit an dieses große Werk an. Der bestehenden Kirche wurden seitlich zwei große Kapellen angebaut. Die Kapelle des HI. Herzen Jesu und jene der Rosenkranzmuttergottes, durch die Baufirmen Gstrein und Madile aus Brixen in den Jahren 1905 bis 1907. Die Pläne hierzu hatte Josef Rifesser da Stufan erstellt und sich dabei sehr darum bemüht, die neuen Kapellen in harmonischer Weise der bestehenden Kirche anzupassen. Auch diesmal zeigte sich die Bevölkerung aufgeschlossen für die kirchlichen Belange und deckte zwei Drittel.
Verschiedene Arbeiten
Im Jahre 1963 ist in der Pfarrkirche die erste Lautsprecheranlage installiert worden und drei Jahre später eine effiziente Kirchenheizung. Diese waren erste Arbeiten die Dr. Josef Pavlic als Pfarrer und Dekan vom 1962 bis 1989 durchgeführt hat. Die größte Herausforderung für ihn war die umfassende Außen- und Innenrestaurierung der Kirche in den Jahren 1982 bis 1986. Die erste große Arbeit im Jahr 1983 war die Dacheideckung mit Lärchenschindeln und die Instandsetzung und Neubemalung der Außenfront der Kirche. Großen Aufwand erforderte die Restaurierung der Außenfront des Kirchturmes und die Instandsetzung der Turmspitze samt Kugel. Ein Jahr später ging man zur Innenrestaurierung über. Maurer, Elektriker, Maler und Vergolder begannen mit der großen Arbeit auch auf die Bemalung von Säulen und Kapitellen. Auch die Deckengemälde wurden mit fachlichem können restauriert. Die letzte große Arbeit war die Deckenbemalung der vier Kuppeln der Seitenkapellen die bis dahin nur eintönig gestrichen waren. Es war nicht leicht, einen geeigneten Fachmann dafür zu finden. Schließlich konnte man den Künstler Sebastian Pfeffer aus Mittewald in Bayern für die Arbeit verpflichten. Im Jahr 1985 wurde die Deckenmalerei der Rosarikapelle ausgeführt und im darauffolgenden Jahr jene der Herz-Jesu-Kapelle.Im Jahr 1996 ist die Kirchenheizung durch eine Fußbodenheizung erneuert worden. 2013 sind Instandsetzungsarbeiten am Kirchturm durchgeführt worden und auf dem Kirchplatz, vor der Sakristei, sind die unterirdischen Lokale saniert und für sanitäre Anlagen erweitert worden. Im gleichen Jahr ist auch die Lautsprecheranlage neu errichtet worden.
Die Kircheglocken
Bei dem Neubau der Ulrichskirche wurden die Glocken der im Jahre 1793 abgerissenen Ulrichskirche am Friedhof, verwendet. Im Jahr 1867 wurden dann neue Glocken aufgestellt, die aber später den ersten Weltkrieg nicht überlebt haben. In den Jahren 1917/18 mußten sie zum Einschmelzen für Kriegszwecke abgegeben werden. Zurück blieb nur die kleine Sterbeglocke. Nach Ende des Krieges wurden drei neue Glocken angeschaffen und drei Jahre später die restlichen drei. Die Glocken aber entsprachen nicht den Erwartungen, es mangelte an Intonation und gutem Klang. Pfarrer Engelbert Comploi ließ sechs neue Glocken von der Firma Achille Mazzola aus Valdeggio-Vercelli anschaffen. Am 18. November 1934 wurden sie geweiht und läuten noch heute mit ihrem schönen Klang. 1946 wurde das elektrische Geläute installiert der in den darauffolgenden Jahren immer wieder verbessert wurde. 2013 sind wieder Verbesserungsarbeiten durchgeführt worden mit neuer Elektronik.
Die Orgel
Nach Fertigstellung der Ulrichkirche kümmerte sich der Organist Matthias PIoner für den Bau einer Orgel. Kurz darauf, 1798, durch L. Grieser und M. Schultes, Gesellen des berühmten Orgelbauers Holzhey aus Ottobeuren, eine große neue Orgel mit 24 Registern aufgestellt. Im Jahr 1910 ist die bestehende Orgel mit einer neuen ersetzt worden. Die Orgel mit 33 Registern wurde von der Firma Behmann aus Voralberg gebaut. Im Jahre 1962 wurde die Orgel von Pfarrer Engelbert Comploi auf elektrischen Betrieb umgestellt. Die heutige Orgel ist nach 100 Jahren, 2010 neu erbaut worden. Die Orgel mit 31 Registern und 2000 Pfeifen mit einer Länge zwischen 2 cm und 5 m kommt vom Orgelbauer Pirchner aus Steinach am Brenner. Um genügend Platz für die neue Orgel und für Chor- und Orchestermitglieder zur Verfügung zu haben, mußte die obere Empore abgetragen werden. Dieses Vorhaben war im Voraus Stoff für Diskussionen von Bürgern die sich gegen den Abriss der Empore wehrten, damit die vorhandenen Plätze auf der unteren Empore nicht verloren gehen. Letztlich entschied Dekan Vitalis Delago mit der Mehrheit des Pfarrgemeinderates für den Abriss der Empore, wie auf dem Projekt vorgesehen war. Für die Verwirklichung dieses Vorhabens ist ein Orgelkomitee gegründet worden. Bei Vollendung der Arbeiten war der große Teil der Bürger zufrieden mit der gelungenen Arbeit und viele haben beigesteuert um die Kosten zu decken. Durch Beiträge aus öffentlicher Hand und von Privatinstitutionen sind die Gesamtspesen von 680.000 € zur Gänze gedeckt worden.
Künstlerische Darstellungen in der Kirche
Die meisten Werke in diesem Gotteshaus aus Holz gefertigt; die Altäre, Statuen und Verzierungen, sind von einheimischen Kunsthandwerkern geschaffen worden. Die Ulrichskirche ist der Erscheinung des Herrn geweiht, so sieht man auf dem großen mittleren Altarbild di Szene der Hl. Drei Könige bei der Anbetung des Jesukindes. Das Gemälde ist ein Werk vom akademische Maler Josef Moroder – Lusenberg im Jahre 1888. Links und rechts über dem Altar, sind die Figuren des Hl. Ulrich und des Hl. Wolfgang, Bischöfe von Augsburg und Regensburg, geschnitzt von Johann Dominik Demetz um 1890. Vor dem Altar im Presbyterium sind die Statuen der Apostelfürsten, links Petrus von Rudolf Moroder de Lenert und rechts Paulus von Ludwig Moroder dl Mëune. An den Pfeilern des Presbyteriums befinden sich die lebensgroßen Darstellungen der vier Evangelisten. Diese Figuren sind ein Geschenk des Künstlers Johann Dominik Mahlknecht – Rainell an seine Heimatgemeinde. Ebenfalls von Johann Dominik Mahlknecht stammt die bekannte Madonna mit Kind an der südlichen Langhauswand gegenüber der Kanzel.
Gemälde „Zur Erscheinung des Herrn“ | St. Ulrich – Kirchenpatron |
Auf den Seitenaltären an den Pfeilern im Hauptschiff sind die Stauen der Muttergottes (links) geschnitzt von J. Moroder Lusenberg und der hl. Josef mit Kind (rechts) von Franz Demetz Sotria. Alljährlich wird in der Weihnachtszeit vor dem Josefsaltar die große Weihnachtskrippe aufgestellt. Ein Werk entstanden 1978 aus einem großen Zirbelblock. Komposition und Ausführung sind vom einheimischen Bildhauer Julius Perathoner de Caio. Am Eingang zur rechten Seitenkapelle thront der große Kirchenpatron von St. Ulrich, geschnitzt 1938 von Ludwig Moroder dl Mëune, der früher an Kirchtagen stets feierlich in Prozession getragen wurde. Die große Christusfigur rechts vom Haupteingang, ist ein Werk von Franz Runggaldier – Nevaves. Ebenfalls von ihm stammt das Grab Christi, das in der Karwoche zur Verehrung aufgestellt wird. Links vom Haupteingang ist die geschnitzte Statue der Schmerzensmutter von Josef Moroder Lusenberg.
Der Hauptschiff | Deckengemälde |
Die linke Seitenkapelle ist der Rosenkranzkönigin geweiht, deren Altar stammt aus der Werkstätte Josef Rifesser Stufan. Josef Mersa hat die Rosenkranzmuttergottes mit dem Hl. Dominikus geschnitzt. Insam Anton Galina die Hl. Rosa und Jakob Crepaz Maidl die Hl. Elisabeth sowie den Tabernakel mit dem Relief Jesu und den zwei schönen anbetenden Engeln. Seitlich davon sehen wir zwei weitere Reliefs, beide von Prof. Albino Pitscheider. Rechts vom Altar steht eine Herz-Jesu Statue von Ludwig Moroder dl Mëune, daneben St. Anna mit dem Marienkind von Anton Pitscheider Menza und die Statue des Hl. Florian, Schutzpatron der Feuerwehren. Weiter rechts und bewundern wir die große Christusfigur von Vinzenz Peristi da Banch (1940) und schräg gegenüber an der Wand die Statue der Hl. Agnes mit Lamm von Luis Kostner Stlujuc. Das wohl bemerkenswerteste Werk in dieser Seitenkapelle ist die Gruppe der Hl. Elisabeth mit dem Bettler, die im Jahre 1900 von Rudolf Moroder de Lenert, erst 21 jährig geschaffen hat. Mit diesem Kunstwerk hat er im selben Jahr bei der Weltausstellung in Paris die Goldmedaille gewonnen.
Die rechte Seitenkapelle ist dem Herzen Jesu geweiht. Der Altar stammt aus der Werkstätte Stuflesser – Petlin, ebenso die seitlichen Altarstatuen des Hl. Johannes des Täufers und der Hl. Monika. Das große Herz-Jesu in der Mitte ist vom Bildhauer L. Canins. Rechts und links des Tabernakels sehen wir 2 Reliefs von Baptist Moroder. Unter der Mensa drei kleine Reliefs von J. Welponer Strëubl: Jesus mit den Jüngern von Emmaus in der Mitte, links die Sintflut und rechts der Prophet Jona, der auf wunderbare Weise dem Fischrachen entsteigt. In dieser Kapelle stehen weitere beachtenswerte Statuen: St. Josef mit dem Jesuknaben von Ferdinand Demetz – Academia. die Gruppe des Hl. Schutzengels mit Knaben von Vigil Dorigo, und erhöht an der Wand, vom Eingang gesehen rechts, die Figur des Hl. Franz von Assisi von Baptist Moroder – Jumbierch und gegenüber die Statue der Hl. Elisabeth von Anton Demetz – Pilat. Rechts vom Altar hängt ein Bild mit des Heiligen Josef Freinademetz, ein vom einheimischen Maler Bruno Perathoner de Caio gemaltes Bild im Jahr 1975. Der Chinamissionar aus Oies im Gadertal (1852-1908) ist vom Papst Papst Johannes Paul II im Jahr 2003 Heilig gesprochen worden. Er ist der erste ladinische und Südtiroler Heilige
Hl.Elisabeth von Rudolf Moroder de Lenert | Hl. Maria des Josef Moroder Lusenberg |